Schieben oder nicht schieben?!
- Eileen
- 16. Feb. 2019
- 3 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 9. Okt. 2020
Soll man Rollstuhlfahrer schieben oder sie am besten immer selbst fahren lassen?
Mit der Beantwortung dieser Frage tun sich unglaublich viele Menschen echt schwer. Dieser Beitrag soll genau diesen Menschen, die sich diese Frage schon gestellt haben, helfen.

An sich verstehe ich schon, dass es schwierig ist einzuschätzen, was eine Person mit Handicap bzw. im Rollstuhl alleine hinbekommt und wobei sie Hilfe braucht. Vor allem, wenn man diese Person nicht kennt. So lange man nicht selbst schon mal körperlich eingeschränkt war, kann man sich einfach schwer in so eine Situation rein versetzen. Und selbst, wenn man jemanden kennt, der im Rollstuhl sitzt, heißt das ja nicht, dass jeder Rollstuhlfahrer die gleichen Fähigkeiten oder Charaktereigenschaften hat.
Ich persönlich brauche zum Beispiel meistens etwas Hilfe, wenn ich in eine Straßenbahn oder in einen Bus ein- oder aussteigen will. Denn oft ist diese Stufe beim Einsteigen etwas zu hoch und deshalb schnappe ich mir in solchen Situationen ganz gern jemanden, der an der Haltestelle steht und bitte ihn oder sie um Hilfe. Oft is es auch schon vorgekommen, dass Leute mich von sich aus angesprochen und gefragt haben ob ich Hilfe brauche. Das finde ich immer sehr lieb und aufmerksam. Und auch total in Ordnung. Denn woher soll derjenige denn wissen ob ich Hilfe brauche? Es könnte ja auch sein, dass ich das alleine schaffe. Und viele Menschen können das verständlicherweise einfach schwer einschätzen und werden dann unsicher. Jetzt kommt aber die gute Nachricht: So ziemlich jeder Mensch hat da so eine Öffnung im Gesicht aus der, wenn man sich ein bisschen anstrengt, vollständige Sätze rauskommen können, die dazu führen, dass man seinem Gegenüber etwas mitteilen kann. Und noch besser: Fragen stellen kann. Nennt sich sprechen. Kommunikation. Ganz wichtig. Und so kann man ganz einfach herausfinden, ob die Person Hilfe braucht oder nicht. Wunderbar. Wenn das noch ein paar mehr Menschen versuchen würden, anstatt einfach automatisch irgendwelche womöglich völlig falschen Annahmen über Rollstuhlfahrer zu treffen, dann wäre das für beide Seiten eine wirklich große Hilfe und ne tolle Sache. Denn nach dem Motto „einfach mal machen“ zu leben ist auch nicht immer so eine gute Idee. Vor allem wenn das heißt einer fremden Person zu nahe zu treten. Deshalb: einfach fragen.
Die selbsternannten Rollstuhl-Schieber
Wie würdet ihr es finden, wenn ihr entspannt durch die Stadt spaziert und auf einmal kommt jemand Fremdes, hebt euch hoch, wirft euch über die Schulter und schleppt euch ein paar Meter herum? Wär komisch, oder? So ähnlich fühle ich mich, wenn mich plötzlich ungefragt fremde Leute herumschieben. Meistens passiert mir das wenn ich z.B. die Straße überquere oder in einem Club bin. Manche „Schieber“ sind glücklicherweise recht vorsichtig und wissen, was sie da tun. Andere wiederum sind da etwas radikaler. Sie schieben mich in Höchstgeschwindigkeit und ohne Rücksicht auf herumstehende Fußgänger durch die Gegend. Hohe Bordsteine werden nicht gekonnt umfahren, sondern mit einem ordentlichen „RUMMS“ einfach nur irgendwie überlebt. Da heißt es anschnallen, festhalten und das beste hoffen.
Besonders Partygästen in Clubs ist es immer eine große Freude mit meinem Rollstuhl herumzuspielen. Blöderweise sitze ich da aber immer drin und werde automatisch mit zum Spielzeug. Manche schieben den Rolli einfach wie einen Kinderwagen wiegend vor und zurück, andere drehen ihn im Kreis und die ganz lustigen Spaßvögel kippen ihn nach hinten. Das war übrigigens einer der ausschlaggebenden Gründe warum ich mir einen Anschnallgurt zugelegt habe. Man lebt eben gefährlch als Party-machende Rollstuhlfahrerin. Zum Glück hat mein Rollstuhl aber auch Bremsen, die ich betätigen kann, wenn ich mich gerade nicht vom Fleck bewegen will.
Ganz generell finde ich es sehr lieb, wenn Leute mir helfen wollen, indem sie mich schieben. Allerdings wie gesagt nur dann, wenn sie mich vorher fragen. Denn dann kann ich selbst entscheiden ob ich die Hilfe benötige oder ob ich ohne sie klar komme. Und so lange mir keine gefährliche Treppe oder ein steiler Berg in die Quere kommt, kann ich mich eigentlich ziemlich gut selbst vom Fleck bewegen, denn das mache ich schließlich jeden Tag. :)
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