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Auch Rollstuhlfahrer können feiern

  • Autorenbild: Eileen
    Eileen
  • 15. Jan. 2019
  • 4 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 9. Okt. 2020

Über dieses Thema könnte ich vermutlich ein ganzes Buch schreiben, doch vorerst muss dieser Blog herhalten.

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Mein absolut größtes Hobby ist die Musik. Ich höre viel Musik, gehe gerne auf Konzerte und ich singe sehr gerne. Und viel. Eigentlich den ganzen Tag. Da liegt es eigentlich nahe, dass ein Mensch mit den gerade beschriebenen Interessen auch ab und zu gerne tanzen geht. Die kleine Besonderheit bei mir ist eben, dass ich mit meinem Rollstuhl tanzen gehe. Und das kann für ganz schön komische Blicke sorgen. Außerdem sorgt es für sehr interessante Begegnungen mit dem ein oder anderen Mitfeiernden. Eigentlich habe ich nach jeder Partynacht eine neue Geschichte über verwirrende Begegnungen mit alkoholisierten Clubgästen zu erzählen. Um diese Begegnungen zusammenzufassen, habe ich die fünf häufigsten Typen, die mir beim Feiern über den Weg laufen mal aufgelistet.



Der Schultertätschler


Üblicherweise bekommt man von dem Schultertätschler nicht viel mit, denn in den meisten Fällen redet er nicht. Er läuft einfach an mir vorbei, wirft mir einen mitleidigen Blick - gefolgt von einem aufmunternden Lächeln - zu und tut dabei was er am besten kann: er tätschelt meine Schulter. Und zack, ist er weg. Das alles passiert in Sekundenschnelle, oft nicht mal lange genug um das Gesicht des Schultertätschlers zu erkennen. Eine Unterkategorie des Schultertäschtlers ist der „Geister-Schultertätschler“. Auch er hat keinerlei Absichten auch nur ein Wort mit mir zu wechseln, nee. Das besondere an ihm ist, man bekommt absolut nichts von ihm mit. Weder sein Gesicht, noch seine Stimme - nur seine tätschelnde Pranke auf meiner Schulter. Ahnungslos woher sie kommt, ich weißt nur: sie ist da. Und kurz darauf wieder verschwunden. Als wäre nichts passiert.



Der Euphorische

„Ich find’s echt toll, dass du feiern gehst!“

Diesen Typ treffe ich so gut wie jedes Mal an, wenn ich mit Freunden feiern gehe. Er spürt das tiefe Verlangen mir gegenüber seine Begeisterung über meine Anwesenheit auszudrücken. Er kann einfach nicht anders. Oft nähert der Euphorische sich mir, über das ganze Gesicht strahlend, die Hand schon eifrig in die Luft gestreckt, bereit um mir den High-Five meines Lebens zu geben. Dann beugt er sich zu mir runter und teilt mir mit wie unfassbar toll er es findet, dass ich heute Abend hier bin und mitfeiere. Ganz ganz toll findet er das…und so mutig! Einfach bewundernswert. Meist nicke ich dann nur, lächle höflich und presse ein „Ähm ja, danke…“ hervor, doch in meinem Kopf denke ich Folgendes: „ Ja, ich find’s auch toll, dass ich hergekommen bin, die Musik ist nämlich echt gut. Kann ich jetzt weiter tanzen?“

Denken solche Leute eigentlich eine Party ist das Highlight meines Lebens, weil ich normalerweise ja nur zuhause sitze und in Selbstmitleid versinke? Denn Spaß ist ja bekanntlich jedem Rollstuhlfahrer absolut fremd. Ein völliges Mysterium.

Die absolute Krönung kommt allerdings erst, wenn der Euphorische anschließend plötzlich anfängt begeistert vor mir auf und ab zu hüpfen, meine Hände nimmt und im Rhythmus der Musik fuchtelnd hin und her bewegt. Zusammengefasst bedeutet das: er fängt an mit mir zu tanzen.


Mir ist schon bewusst, dass die meisten Leute, die so auf mich zugehen (übrigens sind das sowohl Männer als auch Frauen) es total lieb meinen und mir nur ein nettes Kompliment machen wollen. Sie wissen nur nicht genau wie.



Der Mitleidende

„Ich weiß genau wie du dich fühlst“

Der Mitleidende ist der felsenfesten Überzeugung, dass er ganz genau weiß wie ich mich fühle. Denn er kennt jemanden, der jemanden kennt, der im Rollstuhl sitzt. Außerdem hat er sich einmal, als er 16 war, sein Bein gebrochen und musste dann für ein paar Wochen an Krücken laufen. Deshalb kennt er sich einfach wunderbar mit dem Thema aus und weiß gaaanz genau wie es mir geht. Ja wirklich! Genau wie der Euphorische ist er ganz begeistert, dass ich mitfeiere und es geschafft habe mich endlich unter Menschen zu begeben und nun versuche für nur einen einzigen Abend mal Spaß zu haben.

Aber trotz seiner Freude darüber mich in einem Club anzutreffen, tu ich ihm auch ausgesprochen Leid. Denn wie er ja vom bekannten seines Bekannten und außerdem von seiner eigenen traumatischen Erfahrung mit Krücken weiß, ist das Leben mit Handicap nicht immer einfach. Aus diesem Grund hat er großen Respekt, aber natürlich auch ganz viel Mitleid mit mir. So sehr, dass er beschließt, sich mitten auf der Tanzfläche neben mich auf den Boden zu knien und mich ganz traurig anzuschauen. Denn das ist in seinen Augen die einzig angemessene und logische Reaktion bei meinem Anblick. (Ihr denkt nun vielleicht, dass ich ein bisschen übertreibe, aber da muss ich euch leider enttäuschen. Die gerade beschriebene Begegnung ist mir exakt so einmal passiert. War ein spannender Abend)



Der Spendable


Auch diesen Typ treffe ich so gut wie jedes Mal, wenn ich mit Freunden feiern gehe.

Der Spendable leidet unter der permanenten Angst ich könnte jeden Moment verdursten. Deshalb bietet er immer und immer wieder an, mir etwas zu trinken zu besorgen. Mein höfliches „Nein, Danke“ ignoriert er gekonnt. Und auch, dass ich ihm auf die Frage nach meinem Lieblingsgetränk keine Antwort gebe scheint ihn nicht zu beeindrucken. Manchmal taucht der Spendable auch einfach aus dem Nichts vor mir auf der Tanzfläche auf, drückt mir wortlos ein Getränk in die Hand und verschwindet wieder in der Menge. Das Merkwürdigste aus dieser Kategorie war jedoch einmal ein Mann, der mir, nachdem ich wiederholt dankend ein Getränk abgelehnt hatte, einen Geldschein in die Hand drückte und zu mir sagte ich solle mir und meinen Freunden damit etwas zu trinken holen.



Der, der mit meinen Freunden über dich redet

„Hat deine Freundin Durst?“

Diese Menschen werde ich wohl nie verstehen. Da schwingt man fröhlich mit seinen Freunden das Tanzbein - oder eben die Räder - und auf einmal kommt ein fremder Mann und fängt an, sich mit einem meiner Freunde zu unterhalten. Aber nicht über irgendetwas, nein, es geht dabei um mich. Der Fremde fragt meine Freunde wie ich heiße, wie es mir geht, ob ich etwas trinken will…alles, was ihn eben über mich interessiert. Während ich danebenstehe. Und zuhöre. Ab und zu deutet der Fremde auf mich oder sieht in meine Richtung. Aber reden tut er nicht mit mir. Warum auch? Das wäre ja viel zu einfach. Warum soll er mich denn fragen ob ich Durst habe, wenn er genau so gut meine Freunde fragen kann? Die müssen das doch wissen. Es sind ja schließlich meine Freunde.


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